Inhaltsverzeichnis:
Macht Zucker süchtig?
Selbsttest: Bin ich zuckersüchtig?
Tipps für den Entzug: Dein Weg aus der Zuckerfalle
Fazit: Du brauchst keinen Zucker, um glücklich zu sein
Hättest du mich vor ein paar Jahren bei der täglichen Arbeit beobachtet, du hättest mich für einen Zuckerjunkie halten können. Wenn meine Kollegen sich einen Kaffee holten, kam bei mir Cola auf den Schreibtisch.
Der Zucker gab mir Energie, er machte mir gute Laune und kurbelte meine Produktivität an.
Wenn die Wirkung nachließ, musste ich nachlegen, sonst fiel ich in ein kleines, aber merkliches Loch. Körperlich, aber auch psychisch. Ich fühlte mich kraftlos und die Stimmung sank.
Diese Beschreibung erinnert eher an harte Drogen, als an harmlose Schokoriegel, nicht?
Zucker hatte mich fest im Griff.
Heute, ein paar Jahre später, habe ich mir den exzessiven Zuckerkonsum abgewöhnt und mir geht es ziemlich gut damit.
Ich habe herausgefunden, was zu viel Zucker kurz- und langfristig mit meinem Körper anrichten kann und beschlossen, dass mir das nicht gefällt.
Ich esse immer noch zuckerhaltige Snacks, aber in einem moderaten Maß. Und zwar aus Genussgründen, nicht um gut durch den Tag zu kommen. Dafür habe ich andere, gesündere Methoden entdeckt, die ich dir später vorstelle.
Wenn du in einer ähnlichen Situation bist, möchte ich dir mit diesem Text helfen.
Macht Zucker süchtig?
Forscher auf dem Gebiet der „Food Addiction“, also Abhängigkeit von Lebensmitteln, sind sich uneinig, ob der wissenschaftliche Begriff „Sucht“ hier der richtig ist.
Eine Analyse verschiedener Forschungsberichte zur Zuckersucht kommt zu dem Ergebnis: Zucker erfülle zwar viele Kriterien eines Suchtmittels, die Erkenntnisse dazu stammen allerdings größtenteils aus Experimenten mit Tieren und die könne man nicht schlüssig auf den Mensch übertragen.
Eine andere Untersuchung findet den Vergleich mit harten Drogen, wie Kokain, zwar überzogen, sieht aber Parallelen zur Abhängigkeit von Nikotin. Immerhin werden fünf von elf Kriterien erfüllt, mit denen man eine Sucht überprüfe:
Zucker wird in größeren Mengen und länger als beabsichtigt konsumiert.
Er weckt ein starkes Verlangen.
Er wird auf gefährliche (weil gesundheitsschädliche) Art verwendet.
Es entsteht eine Toleranz.
Es kommt zu Entzugserscheinungen.
Ob Zucker aus wissenschaftlicher Seite als Suchtmittel betrachtet wird, ist für uns Betroffene erst einmal egal, da wir mit einem starken Verlangen kämpfen, das wir gerne in den Griff bekommen würden.
Ob wir es „Sucht“ nennen oder nicht – im nächsten Abschnitt findest du eine kurze Checkliste, mit der du beurteilen kannst, ob dein Zuckerkonsum Anlass zur Sorge gibt.
Selbsttest: Bin ich zuckersüchtig?
Wenn du dich in den folgenden Fragen wiederfindest, schadet es nicht, deinen Zuckerkonsum zu überdenken. Denn sowohl deine langfristige Gesundheit, als auch deine kurzfristige Lebensqualität könnten davon stark profitieren.
1. Hast du mehrmals am Tag ein starkes Verlangen nach etwas „Süßem“?
Ein Anzeichen dafür, dass sich dein Körper an die regelmäßige Zufuhr stark gezuckerter Nahrung gewöhnt hat. Das solltest du ändern. Dieses Verlangen kann allerdings auch darauf hinweisen, dass deinem Körper Kohlenhydrate fehlen. Du solltest sie ihm nicht vorenthalten. Vollkornprodukte sind dafür aber gesündere Quellen als Schokoriegel und Soft Drinks.
2. Würdest du gern weniger Zucker essen, schaffst es aber nicht?
Wenn wir etwas möchten, aber psychisch oder körperlich nicht schaffen, ist das immer ein Warnsignal. Dieser Zustand sollte dir zu denken geben.
3. Verursacht Zucker dir merkliche körperliche Beschwerden, wie Übelkeit oder Verdauungsprobleme?
Zucker fördert die Entstehung vieler Krankheiten und schlägt leicht auf den Magen. Falls du an entsprechenden Beschwerden leidest, ist er eine mögliche Quelle.
4. Leidest du häufiger an Energietiefs?
Zucker, vor allem aus Getränken, landet schnell in unserem Blut und von dort in den Zellen, wo er für ein Energiehoch sorgt. Der starke Insulinanstieg im Blut führt jedoch dazu, dass dem Ganzen bald das nächste Tief folgt – und der Drang, es mit einer erneuten Zuckerinjektion zu überwinden. Wenn du versuchst, deinen Energiehaushalt mit Zucker zu steuern, setzt du dich in eine Achterbahn, aus der du nicht so schnell wieder aussteigen kannst. Bessere Muntermacher sind gesunde Ernährung, Bewegung und ausreichend Schlaf sowie regelmäßige Pausen am Arbeitsplatz.
5. Hast du das Gefühl, dass früher alles etwas süßer geschmeckt hat?
Unsere Geschmacksnerven gewöhnen sich an unser Essverhalten. Wenn für dich eine Cola oder ein Schokoriegel nicht mehr richtig süß schmecken, verzehrst du sie zu häufig. Im Umkehrschluss gilt: Wenn du einige Zeit auf Süßes verzichtest, wirst du merken, dass sich die Geschmacksnerven sensibilisieren und du dein Essen wieder mehr genießen kannst – das gilt auch für die übrigen Geschmacksrichtungen.
6. Nimmst du zu und weißt nicht wieso?
Zucker besteht aus leeren Kalorien in Form schnell verbrennbarer Kohlenhydrate. Wenn Pfunde unbemerkt auf deine Hüften wandern, solltest du hier mit der Spurensuche beginnen. Besonders tückisch: Durch die Blutzuckerachterbahnfahrt (siehe Frage 4) bekommst du mehr Hunger - ein Teufelskreis.
Lesetipp zum Thema Zucker: Zuckerfrei leben für Einsteiger: Dein Ratgeber für die ersten Wochen
7. Isst du häufig Lebensmittel, die mehr als 5 oder sogar 10 % Zucker enthalten?
Du findest diese Angabe auf der Rückseite jeder Lebensmittelverpackung. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt nicht mehr als 10 % der täglichen Kalorienanzahl aus Zucker zu beziehen. Die Weltgesundheitsorganisation nur 5 %. Wenn du also bei den verpackten Lebensmitteln darauf achtest, dass sie im Schnitt weniger Zucker enthalten, bleibst du im grünen Bereich.
Tipps für den Entzug: Dein Weg aus der Zuckerfalle
Obwohl die Wissenschaft noch nicht geklärt hat, ob es so etwas wie Zuckerentzug beim Menschen tatsächlich gibt, klagen viele über Schwierigkeiten, ihren Konsum einzuschränken.
Deshalb habe ich dir einige Tipps gesammelt, die bei mir und anderen geholfen haben:
1. Greif zu frischem Essen statt zu Fertigprodukten
Zucker ist eine sehr beliebte Zutat in industriell hergestellten Lebensmitteln. Denn er ist billig und wir haben eine Schwäche für ihn. So steckt er nicht nur in Schokoriegeln, wo wir ihn vermuten, sondern auch in Fertigpizzen, Nudelgerichten und Müslis, wo wir ihn eher nicht erwarten würden. Selber kochen bewahrt dich davor, in diese Falle zu tappen. Als Hilfe findest du hier eine Liste von Tarnnamen, unter denen sich Zucker auf Lebensmittelverpackungen versteckt.
2. Führe dich nicht in Versuchung
Die Verhaltenspsychologie weiß, dass es uns unglaublich schwerfällt, Verlockungen zu widerstehen, die direkt vor unseren Augen liegen. Vielleicht kennst du das berühmte Experiment, in denen Wissenschaftler kleinen Kindern Süßigkeiten vorsetzen und dann den Raum verlassen. Vorher sagen sie den Kleinen: Wenn die Leckerei bei meiner Rückkehr noch da ist, bekommst du zwei davon.
Was passiert? Klar, die meisten Kinder essen sie trotzdem. Nicht weil sie schlecht erzogen sind, sondern weil es schier unmöglich ist, einer Sache zu widerstehen, die direkt vor einem liegt. Das Experiment wurde häufig wiederholt und gefilmt, weil es unglaublich niedlich ist, dabei zuzusehen, wie die Kinder mit sich ringen und dann doch ihrem Verlangen erliegen.
Über diesen Niedlichkeitsfaktor geriet in Vergessenheit, dass es dasselbe Experiment in kleiner Abwandlung und mit ganz anderem Ergebnis gab: Hier wurde die Süßigkeit abgedeckt, sodass die Kinder sie nicht sehen konnten. Sie wussten, dass sie da war, aber hatten sie nicht direkt vor Augen. Die „Erfolgsquote“ war um ein Vielfaches höher.
Was lernen wir daraus? Wenn die Süßigkeiten auf deinem Schreibtisch liegen, bist du ein „leichtes Opfer“. Wenn du weniger Süßigkeiten essen willst, dann verbanne sie aus deiner Umgebung. Am besten nicht nur aus deinem Blickfeld, sondern aus dem Zimmer oder gleich der Wohnung. Je größer die Hürde ist, etwas Süßes zu essen, umso einfacher ist es, standhaft zu bleiben. Also mach es dir nicht unnötig schwer.
3. Falle nicht auf Alternativen herein
Wenn wir Zucker verbannen, greifen wir oft zu Alternativen, die genauso schlimm sind. Zum Beispiel Honig oder Agavendicksaft. Oder auch Fruchtsaft. All das hat einen unglaublich hohen Gehalt von schnell verfügbarem Zucker, der auf deinen Körper genauso wirkt wie der gute alte Haushaltszucker. Hier findest du einen Vergleich alternativer Süßungsmittel.
4. Iss dich satt
Die schlechtesten Lebensmitteleinkäufer sind wir dann, wenn wir hungrig vor den Regalen stehen. Denn dann werfen wir alles in den Einkaufswagen, was uns vor die Nase kommt. Bevorzugt Süßigkeiten. Denn: Sie geben unserem Körper schnelle Energie und darauf sind wir seit Urzeiten gepolt. Das bedeutet für dich: Isst du dich an gesunden Lebensmitteln satt, so fällt es dir in den Phasen zwischen den Mahlzeiten leichter, standhaft zu bleiben. Hungrig gegen Zucker anzukämpfen ist so schwierig wie bei Netflix nicht sofort die nächste Folge anzuschauen. Ein Kampf, den du nicht kämpfen musst.
5. Achtung vor der Snack-Attack!
Ob man nun mehrmals am Tag kleine Portionen essen oder es bei den klassischen Hauptmahlzeiten belassen soll, darüber scheiden sich die ernährungswissenschaftlichen Geister. Es gibt für beides Argumente. Am Ende solltest du die Variante wählen, die deinem Körper gut tut. Doch auch wenn du auf mehrere kleine Portionen setzt, solltest du zwischen deinen Mahlzeiten auf Pausen achten. Eine gängige Empfehlung lautet: Mindestens 3 Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten. Wenn du ohne Unterbrechung snackst, kommt dein Blutzucker nicht zur Ruhe.
Vor allem natürlich, wenn du dabei zu stark zuckerhaltigen Lebensmitteln greifst. Dazu zählen nicht nur Leckereien aus dem Süßigkeitenregal, sondern auch Trockenfrüchte. Ein Snack dann und wann ist natürlich keine Sünde, besonders wenn er gesund ist: Nüsse bieten sich hier an oder auch eine selbstgemachte Leckerei wie unsere Wirsingchips.
6. Schlafe!
Kaum etwas ist wichtiger für Ausgeglichenheit und Gesundheit, als ausreichend Schlaf. Unausgeschlafen sind wir viel anfälliger für schädliches Verhalten. Und außerdem schlechter gelaunt.
Achte darauf, dass dein Körper und Geist genug Ruhe bekommen. Und mit Ruhe meine ich wirklich Ruhe. Abends vor dem Fernseher zu liegen, zählt nicht dazu. Genauso wenig wie im Bett auf dem Handy zu surfen.
Dein Körper, vor allem deine Augen, sind dabei aktiv und lassen dich nicht zur Ruhe kommen. Die Schlafforschung zeigt, dass Einschlafen nachdem man in den Bildschirm geschaut hat, viel schwerer fällt. Gönn dir deshalb rechtzeitig eine Auszeit.
Versuche außerdem deinen optimalen Schlafrhythmus zu finden. Jeder hat einen. Manche sind am fittesten, wenn sie um 10 Uhr abends ins Bett gehen und um 6 Uhr wieder aufstehen. Andere haben ihre Primetime von Mitternacht bis 8 Uhr. Lass dich nicht von Fernsehsendungen oder anderen Störfaktoren aus deinem Rhythmus bringen.
7. Bewegung
Ebenso wichtig für ein gesundes Körpergefühl ist Bewegung. Es muss ja nicht gleich ein Marathon sein, nicht einmal die regelmäßige Joggingrunde (auch wenn die niemandem schadet). Allein ein regelmäßiger ausgedehnter Spaziergang an der frischen Luft kann Wunder wirken. Mittlerweile sind sich Mediziner einig, dass bereits geringe körperliche Belastung die Chance auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Vergleich zum absoluten Nichtstun merklich senkt. Sie bringt unseren Körper ins Gleichgewicht und das schlägt sich auch auf Appetit und Ernährung nieder. Ein Körper der sich wohlfühlt, greift zu Lebensmitteln, die ihm gut tun. Ein Körper, dem es schlecht geht, sucht zweifelhafte Seelentröster, wie Schokolade und Cola.
8. Sei lieb zu dir
Immer wenn du etwas erreichen möchtest, dass dir schwerfällt, ist es wichtig, dass du deine Bemühungen anerkennst und deine Erfolge würdigst. Verlange dir nicht zu viel ab. Es ist okay, dass du es anstrengend findest. Es ist auch okay, wenn du einen „Rückfall“ erleidest. Die Chance darauf kannst du übrigens reduzieren, wenn du dir regelmäßig Cheatdays erlaubst, also Tage, an denen du die Regeln über Bord wirfst. Das gilt fürs Abnehmen genauso wie für den Süßigkeitenverzicht. Wichtig ist, dass du dich nicht übernimmst. Denn nichts ist demotivierender als eine permanente Überforderung. Setze dir lieber kleine Ziele – und belohne dich, wenn du sie erreichst. Lernen am Erfolg, nennen das die Psychologen. Du kannst dich später immer steigern, wenn du das möchtest.
9. Suche dir Verbündete
Zusammen geht alles leichter. Suche dir Menschen, die mit ähnlichen Herausforderungen kämpfen. Die findest du garantiert im persönlichen Umfeld, denn wer hat keine Schwäche für Süßes? Aber auch online, wenn dir das lieber ist. Mittlerweile gibt es für alles eine Facebookgruppe. Es ist einfacher, etwas zu tun, wenn man sieht, dass es viele andere auch tun. Dieser Herdentrieb ist uns in die Gene tätowiert. Wenn du möchtest, kannst du mit deinen Sugar-Buddys auch gemeinsame Ziele vereinbaren, bei denen ihr euch gegenseitig unterstützt. Du wirst sehen, das macht sogar Spaß!
Fazit: Du brauchst keinen Zucker, um glücklich zu sein
Die Wissenschaft mag sich unsicher sein, ob Zuckersucht existiert. So oder so: Zucker ist nicht unser Freund, zumindest nicht in größeren Mengen. Das ist okay, denn wir brauchen ihn auch nicht.
Wenn wir unser Leben und unsere Ernährung so gestalten, dass wir das bekommen, was wir wirklich brauchen – Energie und einen bunten Nährstoffmix – dann wirst du sehen: Dann haben wir auch kein großes Verlangen nach Zuckerbomben.
Meist schließt Zucker nämlich nur die Lücke, die etwas anderes gerissen hat: Zu wenig Schlaf, zu wenig Entspannung, zu wenig Bewegung, unausgewogene Ernährung. Zuckerkonsum auf ein vernünftiges Maß zu beschränken, ist ein ganzheitliches Projekt.
Das klingt vielleicht anstrengend, aber alles andere wäre Augenwischerei. Du musst dafür sorgen, dass es dir gut geht – dann hast du auch kein Problem mit Zucker! Viel Erfolg dabei!
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Titelbild: GabiSanda (Pixabay)