Jürgen Müller ist Inhaber eines der ersten Onlineshops für Kartoffeln. Schon 1997 hatte er die Idee, seine Kartoffeln nicht ausschließlich auf Wochenmärkten anzubieten, sondern sie auch mit der Post zu verschicken. Inzwischen verkauft er mehrere hundert Tonnen Kartoffeln jährlich und verschickt diese in die ganze Welt. Ich war bei ihm in Nersingen, um für dich herauszufinden, wie man Kartoffeln lagert, welches die beste Pommeskartoffel ist und ob der Kartoffelanbau nachhaltig ist.
Wie erklären Sie sich den Erfolg ihres Online-Shops?
Viele Leute suchen Sorten, die sie von früher kennen, die es heute im Supermarkt nicht mehr gibt. Da wird man bei unseren 300 Sorten fündig.
Sie haben 300 Sorten im Sortiment, welche sind denn die beliebtesten?
Die Klassiker Linda, Laura und Annabelle, sind nicht nur bei uns sehr beliebt, sondern auch die beliebtesten Sorten der Deutschen.
Gut zu wissen: Weltweit gibt es schätzungsweise zwischen 2000 und 5000 Kartoffelsorten. In unsere deutschen Supermärkte schaffen es dabei aber nur 50-100 verschiedene.
Wie alt sind denn die Kartoffeln, die ich im Supermarkt kaufen kann?
Die Kartoffelernte ist jedes Jahr im September und Oktober, wenn du sie dann im April kaufst, sind sie folglich 6 Monate alt. Die werden halt immer bis zur nächsten Ernte gelagert und je nach Bedarf verkauft.
Wenn wir schon beim Thema Lagerung sind: Verwenden Sie energieintensive Kühlungen, um Ihre Kartoffeln zu lagern?
Oh nein, bloß keine Kühlung. In einem Kühlhaus werden Kartoffeln trocken und von dem Lärm der Kühlgeräte bekommen sie „Stress“ (schmunzelt). Der beste Platz für die Lagerung von Kartoffeln ist immer noch der gute alte Kartoffelkeller. Also kühl und dunkel sollte es sein und auf keinen Fall Äpfel dazulegen.
Wieso darf ich Äpfel und Kartoffeln nicht zusammen lagern?
Die Äpfel verströmen ein Gas (Ethylen), welches bewirkt, dass die Kartoffeln bis zu dreimal schneller treiben. Das kann man auch sehen, wenn man Bananen oder Tomaten neben Äpfeln lagert, die gehen da ganz schnell mal kaputt. Ich empfehle, Äpfel in einer Tüte im Kühlschrank zu lagern, da fühlen sie sich wohl und die Kartoffel fangen nicht an zu treiben.
Sprechen wir über Nachhaltigkeit: Wie viel Wasser verbrauchen Kartoffeln?
Grundsätzlich benötigen Kartoffeln nur wenig Wasser. In heißen Jahren, wie in diesem Sommer, werden sie teilweise künstlich bewässert. Wenn es allerdings genug regnet, so wie letztes Jahr, dann werden diese Anlagen natürlich weniger eingesetzt.
Wie weit sind Ihre Transportwege?
Wir versuchen, die Transportwege so gering wie möglich zu halten. Angebaut wird bei uns fast alles im Umkreis von 100km. Das ist schon ziemlich nah. Auch beim Saatgut wollen wir in Zukunft darauf achten, Transporte zu minimieren und regional zu bleiben.
Welche Kartoffelsorten sind denn gerade beliebt?
Ich kann da ja nur von mir sprechen. Bei uns sind gerade die bunten Kartoffeln der Renner. Da schmeckt jede Sorte nämlich anders und auch optisch bieten sie eine schöne Vielfalt und machen auf dem Teller etwas her.
Und was sagen Sie zu dem momentanen Süßkartoffel-Hype?
(lacht) Also ich mag Süßkartoffeln echt gern. Ich denke, das kommt daher, dass es die momentan an jeder Ecke in Form von Süßkartoffelpommes zu den Burgern dazu gibt. Aber die sind ja auch richtig lecker. Die kann man bei uns schon lange kaufen, bevor die Deutschen sie für sich entdeckt haben. Angebaut werden die hauptsächlich in den USA und Israel.
Wie muss ich mir den Kartoffelanbau vorstellen, ist das alles vollautomatisch?
Ja. Das Einpflanzen, sowie auch die Ernte erfolgt über eine vollautomatische Pflanzmaschine. Das ist für die Kartoffeln am schonendsten und wird schon lange so gehandhabt.
Wie hoch ist der Ertrag von Kartoffeln?
Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Da bei uns die Kartoffeln ja unbehandelt sind, haben wir pro Kartoffel die wir einsetzen rund 10 Kartoffeln, die man ernten kann. Man kann also sagen 1kg pflanzen und 10kg ernten.
Bauen Sie auch Bio-Kartoffeln an?
Ja, allerdings nur in geringen Mengen. Bei uns ist die Nachfrage nicht so hoch. Bei uns sind alle Kartoffeln nach der Ernte unbehandelt, also ohne chemische Blocker, und werden nicht mit flüssigen Mitteln gedüngt, damit nichts in die Kartoffeln einziehen kann.
Wie experimentierfreudig sind Kartoffelesser: Ist an dem Sprichwort „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht“ etwas dran?
Da muss man zwischen Norden und Süden unterscheiden. In Bayern, vor allem in Schwaben, kann man das so sagen. Hier ist die Sorte Annabelle der Favorit schlechthin, und die meisten nehmen die Sorte für alles. Neues wird hier nicht gern probiert. Im Norden dagegen fragt sich der Kunde, welche Kartoffel wofür gut ist und kauft auch dementsprechend ein.
Zum Schluss: Haben Sie ein paar Empfehlungen für mich?
Ja, also ich finde selbstgemachte Pommes sind die Besten. Da eignen sich die Sorten „Bintje“ und „Agria“ sehr gut. Wenn man jetzt lieber Kartoffelsalat isst, dann sollte man zu „Alexandra“ oder „Allians“ nehmen und für die gute alte Ofenkartoffel und Kumpir eignet sich die Sorte „Agria“.
Und was ist Ihre persönliche Lieblingssorte?
Das ist und bleibt die Linda. (lacht)
Kartoffelhunger?
Wenn du jetzt Lust auf Kartoffeln bekommen hast, dann klick dich doch mal durch unsere Rezeptsammlung: Kartoffel: du tolle Knolle
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Titelbild: SevenCooks