Inhaltsverzeichnis:
Was ist ketogene Ernährung?
Kann man mit ketogener Ernährung dauerhaft abnehmen?
Ist ketogene Ernährung gesund?
Fazit: Ketogene Ernährung – ja oder nein?
Was ist ketogene Ernährung?
Ketogene Ernährung ist eine fettlastige Ernährung, bei der die Aufnahme von Kohlenhydraten stark eingeschränkt wird. Dadurch findet im Körper ein Vorgang namens Ketose statt: Weil Kohlenhydrate als Energielieferant fehlen, wird Körperfett gelöst und als Energiequelle nutzbar gemacht.
Bis dieser Vorgang einsetzt, ist in der Regel eine Reduktion der Kohlenhydratzufuhr auf 20 bis 50 g pro Tag über einen Zeitraum von mindestens zwei bis vier Tagen nötig.
Zum Vergleich: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt im Rahmen einer Mischkost mindestens 50 % des täglichen Kalorienbedarfs mit Kohlenhydraten zu decken. Das sind für die durchschnittliche Frau mit Bürojob etwa 260 g.
Allerdings läuft dieser Prozess in jedem Körper so individuell ab, dass eine exakte Prognose unmöglich ist. Ketose kann durch Messen der sogenannten Ketonkörper im Blut kontrolliert werden.
Damit der Körper ausreichend mit Energie versorgt wird, muss ausreichend Fett gegessen werden. Deshalb stehen bei ketogener Ernährung vor allem fetthaltige Lebensmittel auf dem Speiseplan. Meist sind das viel Fleisch, Eier, Würste, Käse, Butter, Öle und Nüsse.
Ketogene Ernährung ist nichts Neues. Seit fast 100 Jahren behandeln Mediziner damit Epilepsie-Patienten, bei denen Medikamente nicht anschlagen – mit guten Ergebnissen.
Auch die seit den 1970ern beliebte Atkins-Diät beginnt mit einer zwei-wöchigen ketogenen Phase. Seither sind viele Diäten diesem Beispiel gefolgt. In den letzten Jahren ist ein regelrechter Hype entstanden.
Aber funktioniert das auch?
Kann man mit ketogener Ernährung dauerhaft abnehmen?
Beim Abnehmen mit ketogener Ernährung gibt es zwei Probleme.
Erstens: Der anfängliche Erfolg trügt.
Studien zeigen, dass Menschen mit ketogener Ernährung schneller abnehmen, als mit einer klassischen Low-Fat-Diät. Allerdings sind diese schnellen Pfunde kein Fett, sondern Wasser.
Daran liegt es wohl auch, dass dieser Vorsprung mit der Zeit verschwindet.
Was uns zum zweiten Problem bringt: Die wenigsten Menschen halten eine ketogene Ernährung langfristig durch.
Warum?
Weil es die wenigsten schaffen, den Verzehr an Brot, Nudeln & Co. langfristig so stark einzuschränken, wie gefordert.
Damit verletzt ketogene Ernährung in den meisten Fällen die wichtigste Abnehmregel: Dranbleiben.
Dauerhafter Gewichtsverlust ist nur durch eine dauerhafte Ernährungsumstellung möglich. Deshalb funktionieren Diäten (im Sinne einer zeitlich begrenzten Ernährungsumstellung) nicht: Selbst wenn die Pfunde zunächst purzeln, kommen sie nach einer Rückkehr zur gewohnten Ernährung – die einem die Pfunde ursprünglich erst beschert hat – wieder zurück. Auch bekannt als „Jo-Jo-Effekt“.
Als dauerhafte Ernährung eignet sich die ketogene für die meisten Menschen ohnehin nicht.
Warum? Dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Ist ketogene Ernährung gesund?
Jede Ernährungsweise, die eine ganze Nährstoffgruppe ausschließt bzw. extrem reduziert, birgt ein hohes Mangelrisiko.
Das gilt für Fette gleichermaßen wie für Kohlenhydrate. Denn jede Nährstoffgruppe enthält Vertreter, die unser Körper benötigt.
Bei Fetten sind das unter anderem die berühmt-berüchtigten essentiellen Fettsäuren, die unser Körper nicht selbst herstellen kann. Allen voran Omega-3- Fettsäuren.
Hier kannst du mehr über Omega-3-Fettsäuren nachlesen: Omega-3-Fettsäuren – warum du sie brauchst und woher du sie bekommst
Wer Kohlenhydrate nahezu ausschließt, reduziert hingegen auch die Aufnahme von drei der gesündesten pflanzlichen Lebensmittelgruppen, die wir kennen: Vollkorn, Hülsenfrüchte und Obst.
Ernährungsstudien widersprechen sich gern. Zum einen, weil Menschen sehr unterschiedlich auf Nährstoffe reagieren. Zum anderen, weil Nährstoffe selten isoliert in Lebensmitteln vorkommen und deshalb schwer zu sagen ist, was wofür verantwortlich ist.
So gibt es zu so gut wie jedem Lebensmittel Studien, die ihm eine schützende Wirkung zuschreiben, als auch solche, die es als schädlich bezeichnen.
Doch bei kaum einem Lebensmittel überwiegt der Nachweis schützender Eigenschaften so sehr, wie bei diesen dreien: Vollkorn, Hülsenfrüchte und Obst. (Eine Lebensmittelgruppe, die ähnlich positiv bewertet wird: Nüsse & Samen)
Wer ihren Verzehr so stark einschränkt, wie es ketogene Ernährung erfordert, enthält seinem Körper also einiges vor.
Mit rotem Fleisch (für viele „Ketos“ eine beliebte Fettquelle) verhält es sich übrigens exakt umgekehrt: Die überwältigende Anzahl an Studien bescheinigt ihm eine schädliche Wirkung. Da können nicht mal Softdrinks mithalten.
Ein weiterer Kritikpunkt an ketogener Ernährung ist, dass dabei häufig stark verarbeitete Lebensmittel mit minderwertigen Fetten und vielen Zusatzstoffen gegessen werden. Natürlich trifft das nicht auf jeden zu, der dieser Ernährungsweise folgt, aber Beobachtungsstudien zeigen, dass die Realität häufig so aussieht.
Eine ganz klare Warnung muss man an Menschen mit Nierenerkrankungen aussprechen: Ketogene Ernährung könnte ihre Beschwerden verstärken.
Fazit: Ketogene Ernährung – ja oder nein?
Ich habe es im vorherigen Teil des Artikels angesprochen: Ernährungsstudien widersprechen sich deshalb so oft, weil Menschen höchst unterschiedlich auf dieselben Lebensmittel reagieren. Ernährung ist etwas sehr Individuelles.
Was dem einen guttut, mag der andere nicht vertragen – und umgekehrt.
Es gibt kaum Regeln, ohne Ausnahme. So fällt es ebenso schwer, eine Ernährungsweise komplett zu verteufeln, wie sie für alle Menschen zu empfehlen.
Entsprechend finden sich für jede Ernährung Befürworter und Kritiker. Ich kenne jedoch kaum eine Ernährungsform, die so wenige Experten als dauerhafte Ernährung empfehlen, wie die ketogene.
Sie birgt durch ihr strenges Ausschlussverfahren extrem hohe Risiken für Nährstoffmängel.
Selbst ihre vermeintlichen Erfolge beim Abnehmen sind spätestens auf den zweiten Blick sehr zweifelhaft.
Wer sich für eine ketogene Ernährung interessiert, sollte aufgrund der hohen Risiken keinesfalls selbständig experimentieren, sondern sich professionelle Hilfe holen: Einen Arzt oder Ernährungsberater, der sicherstellt, dass alle notwenigen Nährstoffe in ausreichender Menge aufgenommen werden.
Sonderfall Epilepsie:
Gesondert betrachten, müssen wir in diesem Kontext Menschen, die ketogene Ernährung als Therapie für Krankheiten einsetzen. Das prominenteste Beispiel sind Kinder, die an Epilepsie leiden.
Bei ihnen kann ketogene Ernährung nachweislich große Erfolge erzielen und Anfälle verringern. Mehr Informationen dazu gibt es bei der Deutschen Epilepsievereinigung.
Menschen ohne diese Erkrankungen sollten sich von diesem Einsatzgebiet nicht dazu verleiten lassen, ketogene Ernährung als grundsätzlich gesundheitsfördernd zu verstehen. Und ganz wichtig: Ketogene Ernährung als Epilepsie-Therapie findet unter strenger ärztlicher Kontrolle statt, wodurch ein Mangelrisiko minimiert wird.
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Titelbild: SevenCooks