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Deutscher Meister: „Eis muss für mich eine Seele haben“

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von FlorianCooks

17.7.2018

Adriano Colle ist Deutscher Meister im Eismachen und verrät im persönlichen Interview seine Geheimnisse eines perfekten Eises und was neben den guten Zutaten noch eine wichtige Rolle spielt.

Der in Italien geborene Adriano Colle wurde 2014 deutscher Meister im Eismachen mit der Eissorte „Gewürze des Orients“. Die Familie Colle verkaufte bereits im 19. Jahrhundert Eis in München und betreibt heute die Eisdiele „Venezia“ in Kempten. Zudem unterrichtet Adriano Colle an der Gelato University in Bologna (Italien) und Stuttgart.

Du bist einer der besten Gelatiere in Deutschland. Kannst du noch woanders Eis essen oder ist das „unvoreingenommene“ Leben für dich vorbei?

(lacht) Nein, nein, ich teste gerne Eis, um einen Vergleich zu haben. Auf Veranstaltungen probiere ich bevorzugt das Eis, das ich mir auch gut vorstellen könnte, selber zu machen. Aber egal wie das Eis dann schmeckt, ich habe noch nie eins weggeworfen. Es gab jedoch schon die Momente, wo ich dachte, das muss ich jetzt nicht nochmal haben. Ich sage aber immer: Es kann eben nicht jedem alles schmecken.

Was war als Kind deine Lieblingssorte? Hat sich die im Laufe der Jahre verändert?

Das hat sich nicht geändert. Im Winter sind es die nussigen Sorten und im Sommer Erdbeere und Zitrone – also eher die Klassiker. Das einzige, was sich geändert hat, ist, dass ich heute Malaga und Walnuss esse. Früher hätte ich das nie gegessen und heute macht mich das ab und zu richtig an. Malaga ist aber eher eine Sorte für ältere Menschen, vielleicht werde ich auch einfach alt (lacht).

Was muss für dich ein gutes Eis haben?

Eis muss für mich eine Seele und eine Geschichte haben. Ich muss wissen, wo die Zutaten herkommen und was sie für Eigenschaften haben. Ein Snickers-Eis ist für mich daher kein Eis. Ein selbstgemachtes Nuss–Karamell–Eis dagegen schon.

Bis zu 200 Kilo Eis macht Adriano Colle pro Tag mit seinen beiden Eismaschinen. Foto: SevenCooks

Was ist das Geheimnis für das perfekte Eis?

Es sind die Zutaten, die du verarbeitest. Ich beziehe meine Zutaten von dem Obstladen nebenan. Da kostet es zwar mehr als wo anders, aber ich weiß genau, dass er alles noch selber auf dem Großmarkt aussucht. Wenn er dann sagt, er hat heute keine Marillen, dann weiß ich, dass die Marillen nicht gut genug für ihn waren und so habe ich dann auch die beste Qualität für mein Eis.

Ist das auch der Grund, warum dein Eis so gut ist? Oder spielt da auch die Leidenschaft eine große Rolle?

Selbst bei gleichem Rezept können zwei Leute unterschiedliches Eis produzieren. Das Eis ist dann zwar von der chemischen Struktur gleich, aber es schmeckt anders. Woran das liegt, kann ich nicht sagen, vielleicht ist es die Reihenfolge, wie man ein Rezept zubereitet oder es ist wirklich die Leidenschaft, die den letzten Schliff gibt.

Wer sich mit Adriano Colle unterhält, der spürt sofort seine große Leidenschaft zum Eismachen. Foto: SevenCooks

Immer wieder kommen neue ausgefallene Sorten auf den Markt. Du bist deutscher Meister etwa mit der Eissorte „Gewürze des Orients“ geworden. Was ist das ausgefallenste Eis, das du je gemacht und auch verkauft hast?

Es gibt viele Sorten, aber eine die mir gleich in den Sinn kommt ist, Tomate mit einer Marmorierung aus Gorgonzola. Die hatte ich ursprünglich für ein Event gemacht, aber auch eine Zeit lang ganz normal verkauft. Da kam jeden Tag ein Kunde und der hat immer eine Kugel Tomate/Gorgonzola und eine Kugel Latte Macchiato in einer Waffel gekauft. Das war für mich so unverständlich und daher ist sie mir so in Erinnerung geblieben.

Gab es auch eine Sorte, die richtig gefloppt ist?

So richtig gefloppt ist mir zum Glück noch keine Sorte, aber es gibt natürlich immer wieder welche, die nicht so gut gehen. Beim Tomate/Gorgonzola–Eis waren es ungefähr 10 Kugeln, die wir in der Woche verkauft haben.

Ein Trend der immer mehr aufkommt ist Low-Carb-Eis. Was hältst du davon?

Also ich finde es gut, wenn man weniger Zucker verwendet. Es gibt sogar Maschinen, mit denen kann man Eis komplett ohne zugefügten Zucker herstellen. Wir haben damit auch schon einen Test gemacht und mussten feststellen, dass der Kunde noch nicht bereit dafür ist. Wenn ich ein Eis mit 50 Prozent weniger Zucker mache, dann sagt der Kunde, dass es ihm nicht schmeckt, da in seiner Vorstellung das Eis süßer schmecken muss. Das Problem ist aber nicht der Zucker, sondern dass wir den falschen, nämlich industriell verarbeiteten, Zucker nehmen.

Täglich steht Adriano Colle in seinem Eislabor und tüftelt dabei immer wieder an neuen Rezepten. Foto: SevenCooks

Hast du schon einmal ein veganes Milcheis ausprobiert?

Ja, und ich finde das super. Deutschland hat einen großen Anteil an Leuten, die sich vegan ernähren. Zählt man dann noch die Menschen mit Lactoseintoleranz hinzu, sind wir bei rund 20 Prozent. Und dann sag ich mir, warum soll ich die Menschen nicht auch zufriedenstellen? Mir geht es da weniger um den Marktanteil und den Gedanken mit ihnen Geld zu verdienen, sondern darum, dass ich sie glücklich machen kann. Wenn ich jetzt ein veganes Pistazieneis mit Olivenöl mache, dann glaube ich, dass keiner schmeckt, dass das vegan ist.

Wie viel vegane Eissorten hast du?

Also abgesehen von Banane sind alle meine Fruchteissorten vegan, ich bin der Meinung Frucht sollte Frucht sein und nicht Milch. Ansonsten habe ich immer drei weitere vegane Eissorten. Dunkle Schokolade, Pistazie und Kokos mit Matcha.

Eine seiner veganen Eissorten ist die Wilde Allgäuerin, die neben Schokolade auch Latschenkiefer enthält und eine Hommage an die Region ist, in der er lebt – das Allgäu. Foto: SevenCooks

Zum Abschluss, kannst du uns noch ein Geheimtipp verraten?

Nicht nur den normalen Haushaltszucker nehmen, sondern zwei bis drei verschiedene Sorten für das Eis verwenden. Bei der Sorte sollte man sich lieber an leichtere Varianten halten und nicht unbedingt an Zitrone. Eine einfache Sorte ist etwa Mango, da diese schon 20 Prozent Zucker enthalten oder Avocado, dort wird auch bei Anfängern das Eis schön cremig. Ein weiterer Tipp ist: Haltet das Rezept einfach. Ein Drittel Zucker, ein Drittel Früchte und ein Drittel Wasser – so grob über den Daumen gepeilt passt das. Und wer keine Eismaschine hat, der kann auch gut auf einen Thermomix zurückgreifen.

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Titelbild: SevenCooks

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