Weißwein zum Risotto, Rotwein für den Braten oder Whiskey zum Flambieren und Abschmecken. In der Küche kommt Alkohol in vielen Gerichten zum Einsatz. Auch ich greife gerne zu einen Schuss Alkohol – immer mit dem Gedanken, dass der Alkohol verkocht und der reine Geschmack übrig bleibt.
Immerhin hört man es oftmals in Kochsendungen und kann es in Kochbüchern lesen: „Lasst die Pfanne noch etwas länger auf der Hitze stehen, damit der Wein verdampft!“ Doch stimmt das denn auch wirklich? Ich habe mich für dich auf die Suche gemacht und bin zu einem überraschenden Ergebnis gekommen.
Verdampft Alkohol beim Kochen?
Ja, Alkohol verdampft, wenn wir ihn kochen und übrig bleibt wirklich der reine Geschmack. Doch wie schnell das geschieht und wie viel vom Alkohol dabei verdunstet, hängt von der Menge im Topf und der Dauer des Kochvorgangs ab.
Die Idee, dass Alkohol innerhalb kürzester Zeit vollkommen aus dem Essen herauskocht, ist ein moderner Mythos. Zwar reduziert sich der Gehalt mit der Zeit. Doch das dauert recht lange. Dass sich der Mythos bis heute hält ist schon überraschend. Denn bereits 1992 führten einige Forscher des Nährstoffdatenlabors des US-Landwirtschaftsministeriums eine Studie zu dem Thema „Alcohol retention in food preparation“ durch. Sie kamen zu einigen überraschenden Ergebnissen.
Zwar stimmt es, dass sich unter Laborbedingungen Alkohol ab einer Temperatur von 78,3 Grad verflüchtigt. Jedoch kann das nur schwer auf die Essenszubereitung in der eigenen Küche angewandt werden. Denn im Essen gibt es Stoffe, die den Alkohol am Verdampfen hindern: wie etwa Fett. Zudem kommt hinzu, dass das Verdampfen nicht schlagartig geschieht, sondern eine Weile dauert. Um reinen Alkohol mit 96,4 Volumenprozent unter Laborbedingungen zu verdampfen, braucht es drei Stunden.
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Dann ist der Alkohol verdampft
Wenn du Alkohol beim Zubereiten nur einmal kurz aufkochen lässt, dann bleiben rund 84 Prozent des Alkohols erhalten. Und selbst beim Flambieren sind es noch 70-75 Prozent. Erst wenn der Alkohol längere Zeit gekocht wird, nimmt er ab. Nach 15 Minuten bleiben 40% des Alkohols übrig, nach 30 Minuten 35% und erst nach zweieinhalb Stunden noch 5%. Jedoch sollte dabei ein genauerer Blick darauf geworfen werden, wie hoch der Alkoholanteil im Essen ist.
Kommt ein Glas Weißwein (12 Volumenprozent) in ein Risotto, dann sind im Essen 9,6 Gramm reiner Alkohol – eine überschaubare Menge (das spezifische Gewicht des Alkohols: 0,8 g/cm3). Köchelt das Risotto nun eine halbe Stunde, dann sind noch 35 Prozent des Alkohols im Essen, was 3,36 Gramm entspricht oder bei 4 Personen dann noch rund 0,8 Gramm. Solche geringen Mengen spielen in der Lebensmittelbranche kaum eine Rolle. So müsste diese Menge an Alkohol nicht einmal ausgewiesen werden. Selbst Bier mit diesem Prozentsatz dürfte als alkoholfrei im Handel verkauft werden.
Alkohol verkochen – Achtung bei Kindern
Wo es für die meisten von uns keinen großen Unterschied macht, ob wir 10% oder 0% Alkohol auf dem Teller haben, so wird es schwerwiegender, wenn das Essen für Kinder, trockene Alkoholiker oder Menschen bestimmt ist, die aus ethischen, religiösen oder gesundheitlichen Gründen keinen Alkohol konsumieren. Daher solltest du genau darauf achten, ob du den Alkohol im Gericht wirklich brauchst und wenn ja, dass du es möglichst lange köcheln lässt.
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Titelbild: SevenCooks