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Die 5 größten Vorurteile gegen Veganer und wie ich sie widerlege

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von Beke Enderstein

28.5.2018

Der Foodtrend vegan, der für viele längst schon in einen überzeugten Lifestyle übergegangen ist, sieht sich mit zahlreichen Vorurteilen konfrontiert. Ich präsentiere dir meine persönlichen Erfahrungen und meinen Umgang mit Anfeindungen.

Schubladendenken – egal ob in kulinarischer Weise oder nicht – hat mir noch nie gefallen. Auch wenn der Trend, sich vegan zu ernähren, weiter boomt, gehört der rein pflanzliche Lebensstil noch immer zu den kulinarischen Außenseitern. Das nehmen viele zum Anlass, vegane Ernährung anzugreifen.

Was für ein Glück, dass ich als Ernährungswissenschaftlerin die passende Antwort auf laienhafte Thesen zur Hand habe.

Ansonsten fehlen auch mir manchmal die Worte, da mich das Thema emotional sehr berührt. Für mich ist es zutiefst unverständlich, wie sich Personen als tierlieb bezeichnen und dann Fleisch, Eier und Milchprodukte aus Massentierhaltung essen, als wäre es das normalste der Welt.

Rezept-Tipp: Hier geht's zum Gemüseburger aus dem Titelbild

Mein Essverhalten: Vegan meets Bio-Milch

Eins vorweg: Ich ernähre mich als Vegetarier nicht – oder noch nicht – komplett vegan, sondern schätzungsweise zu 80 Prozent. Aber ich schaue genau hin, woher die Milchprodukte stammen, sodass eine zertifizierte Bio-Qualität Voraussetzung für mich ist. Denn nur auf Fleisch zu verzichten, reicht in puncto Tierschutz bei weitem nicht aus.

Auch in meinem „moralischen“ Essverhalten gibt es noch Verbesserungspotential; beispielsweise wenn ich mich im Restaurant ertappe, eine Pizza zu bestellen. Nicht, weil sich darauf versehentlich Salami tummelt, nein keinesfalls, sondern weil der Mozzarella sicher nicht meinem Anspruch an einen respektvollen Umgang mit Tieren gerecht wird.

Ich denke, ich bin auf einem guten Weg, aber ich gebe offen und ehrlich zu, dass ich diesbezüglich noch bewusster essen möchte – den Tieren zuliebe.

Typische Vorurteile, mit denen ich als Pflanzen- und Tierliebhaber regelmäßig konfrontiert werde

1. Vegane Kost liefert nicht ausreichend Protein

Hier kommt – wie bereits erwähnt – meine berufliche Qualifikation als Ernährungswissenschaftlerin ins Spiel. Diese Aussage lässt sich schnell im Keim ersticken, denn die Natur hält zahlreiche pflanzliche Proteinquellen bereit.

Während Tofu eine Extraportion an essentiellen Aminosäuren liefert, können sich auch andere Hülsenfrüchte sehen lassen. Diesbezüglich sind u. a. Kichererbsen – beispielsweise als Kichererbsenburger -, Linsen und Bohnen zu nennen.

Auch Getreideprodukte wie Haferflocken, Bulgur, Hirse, Vollkornbrot und Reis enthalten Protein. Gleiches gilt für Pseudogetreide wie Amaranth, Buchweizen oder Quinoa.

Und nicht zuletzt kannst du deinen Speiseplan mit Milchersatzprodukten wie Sojamilch, Haferdrink und Co. - und mit Nüssen, Mandeln und Samen - mit Proteinen anreichern. Letztere liefern zusätzlich Antioxidantien wie Vitamin E und Omega-3-Fettsäuren.

Im Gegensatz zu Fleisch enthalten diese Lebensmittel übrigens wertvolle Ballaststoffe, deren Genuss verdauungsfördernde, immunstimulierende und sättigende Effekte mit sich bringt.

2. Veganer wollen doch nur ihren hippen Lifestyle präsentieren

Mit dieser These von Fleischliebhabern werde ich oft konfrontiert. Aus meiner Sicht trifft diese Behauptung sicher auf einige urbane Hipster zu, aber keinesfalls auf alle. Ich wohne in Berlin Prenzlauer Berg. Dieser Stadtteil wird nicht nur als „Pregnant Hill“ betitelt und mit Gentrifizierung assoziiert, sondern auch als Hochburg der Veganer belächelt. Ich bin davon überzeugt, dass ich mich auch an jedem anderen Ort dieser Welt dafür entschieden hätte, mich bewusst gegen die Ausbeutung von Tieren einzusetzen.

Ich sehe es einfach als einen riesigen Vorteil, dass ich Saitan, Tofu und Co. direkt im Bio-Markt um die Ecke kaufen kann und mir das Angebot an Fleischersatzprodukten facettenreiche Möglichkeiten zur Rezept-Kreation eröffnet.

Die „hippen“ Leute, die nicht nur klischeehaft per Sportflitzer vor dem Naturkostladen halten und mit Echtpelzkragen ihren veganen Lifestyle mit Mandelmilch und Tempeh zelebrieren, versuche ich zu ignorieren. Leider gelingt es mir meistens nicht. Während mir das Auto ehrlich gesagt ziemlich egal ist, obwohl – oder gerade weil - ich Fahrradfahrer bin, werde ich tagtäglich mit dieser modischen Tierquälerei zwischen Tofu und Haferdrink konfrontiert.

Glücklicherweise treffe ich auch immer wieder auf Personen, die sich klar für Tiere positionieren und deren veganer Speiseplan nichts mit urbaner, selbtverliebter Hipness zu tun hat.

3. Der Klassiker – Vegan ist ungesund, da Pflanzenkost kein Vitamin B12 liefert

Diese Aussage kennt vermutlich jeder Veganer. Fakt ist, dass es nach aktuellem Stand tatsächlich keine pflanzlichen Lebensmittel gibt, die ausreichend Vitamin B12 liefern. Da kommt es provokanten Fleischliebhabern natürlich wie gerufen, dieses Argument – teilweise mit einem selbstgefälligen Grinsen – zu präsentieren.

Meine Gegenfrage - welche Funktionen dieses Vitamin denn erfüllt –, bleibt fast immer unbeantwortet und führt nicht selten zu einem beschämten Wegschauen. Es geht natürlich keinesfalls darum, dass sich jemand sorgt, ich könnte einen Mangel entwickeln, sondern einfach darum, eine vegane Ernährungsweise anzugreifen.

Vielleicht ist es auch einfach nur eine Rechtfertigung dafür, täglich ohne schlechtes Gewissen Schnitzel, Burger und Steak zu servieren. Wie auch immer: Wer sich vegan ernährt, sollte tatsächlich angereicherte Lebensmittel, ein Nahrungsergänzungsmittel oder eine spezielle Vitamin B12-Zahnpasta verwenden.

Allerdings bleibt festzuhalten, dass der milliardenschwere Markt hinter Nahrungsergänzungsmitteln insbesondere von solchen Personen bedient wird, die aufgrund einer zucker- und fleischlastigen Ernährung mit wenig Pflanzenkost einen Nährstoffmangel – inklusive ernährungsabhängiger Krankheiten - entwickeln.

Untersuchungen zeigen immer wieder, dass Veganer bessere Blut- und Fettwerte haben und seltener an Zivilisationskrankheiten wie Adipositas, Diabetes und Co. leiden.

4. Pflanzliches Essen schmeckt langweilig und eintönig

Dass eine pflanzliche Ernährung einseitig ist und keinen Genuss verspricht, ist schlichtweg falsch. Zu Beginn braucht es vielleicht etwas kulinarische Inspiration, aber aus meiner Sicht sollte Genuss Teil eines jeden Essens sein. Dennoch treffe ich immer wieder auf Leute, die glauben, als Veganer könne man nur Salat und trockenes Brot essen.

Solche Thesen kann ich als Genussmensch allerdings ganz schnell in Luft auflösen. Auch wenn ich den Fokus auf naturbelassene Lebensmittel wie Gemüse und Obst – in Kombination mit Getreide und hochwertigen Pflanzenölen - lege, lassen sich vegane Mahlzeiten mit zahlreichen Highlights aufpeppen. Als kleinen Appetizer liegst du beispielsweise mit unserer köstlichen Avocadocreme mit Kartoffel-Croûtons und knallig violetten Sprossen goldrichtig.

Salate vollende ich nährstoffreich mit Toppings aus Radieschen, Apfel oder Granatapfelkernen. Gleiches gilt für köstliche Rosmarin-Knoblauch-Croûtons, Walnusssplitter oder knusprig gebratene Tofuwürfel - die ganz klein gewürfelt à la Räuchertofu – übrigens auch Suppen pikant vollenden.

Da ich nicht nur Gemüsepfannen serviere, sondern auch mal herzhaftes Essen wie Currywurst, Gyros und Hot Dogs liebe, verwende ich mit Vorliebe Fleischersatzprodukte. Klar, auch hier gibt es Sorten, die nur so vor Zusatzstoffen tummeln, aber ich entdecke immer wieder hochwertige Varianten.

Du liebst Fastfood? Meine veganen Burger kommen übrigens am liebsten mit einer selbst gemachten Grünkernbulette daher, die auch „eingefleischte“ Gäste überzeugt. Zu Weihnachten habe ich übrigens Grünkohl mit pflanzlicher „Chorizo“, scharfem Senf und karamellsierten Kartoffeln serviert – eine Extraportion Genuss inklusive.

Meine Spaghetti Carbonara werden mit Mandelsahne, Schnittlauch und klein gewürfeltem Räuchertofu zu einer kulinarischen Offenbarung und meine selbstgemachten Gnocchi in Salbei-„Butter“ sprechen ebenfalls für sich.

Wenn ich Lust auf Süßes habe, hülle ich Obst der Saison in Zartbitterschokolade, zaubere mir saftige „Kokosschnitten“ im Schokomantel – ein Pendant zum Verkaufsschlager – oder koche mir einen Vanillepudding, der dank Cashew-“Sahne“ und Himbeer-Spiegel keine Wünsche offenlässt. Noch Fragen?

5. Veganer leiden unter Eisenmangel

Ich gebe zu: meine Eisenwerte lassen vermutlich keinen Mediziner vor Freude in die Luft springen, allerdings liegen sie im Normbereich. Als ich während der Schulzeit noch Fleisch gegessen habe, hatte ich übrigens fast immer einen Eisenmangel. Somit habe ich auch bei diesem Vorurteil ein Gegenargument parat.

Wer seinen Speiseplan als Vegetarier und Veganer ausgewogen und facettenreich gestaltet, muss keinesfalls zwangsläufig unter einem Eisenmangel leiden. Während tierisches Eisen zwar besser von unserem Körper aufgenommen werden kann, liegt der Eisengehalt von pflanzlichen Quellen teilweise über dem von Fleisch. Diesbezüglich sind Amaranth, Sojagranulat – beispielsweise für Spaghetti „Bolognese“ -, Kürbiskerne, Linsen oder Sesam zu nennen.

Ein Tipp: Um pflanzliches Eisen besser verwerten zu können, solltest du eisenreiche Speisen im Mix mit etwas Orangen- oder Zitronensaft genießen, da Vitamin C als natürlicher Resorptionsbeschleuniger wirkt. Eisenreiches Obst wie Himbeeren - oder auch Rote Bete - bringen das Duo aus Eisen und Vitamin C bereits von Natur aus mit. Ich lege dir in diesem Sinne unseren „Eisenbooster“ Rote Bete-Haselnuss-Salat mit Granatapfel-Topping ans Herz.

Nicht zuletzt beweisen Aprikosen, frische Kräuter, Feldsalat oder Spinat und Rucola, dass regionale Pflanzen gute Eisenlieferanten sind. Gleiches gilt für Johannisbeeren, Brombeeren, Fenchel, Tofu und Hirse.

Darüber hinaus können Veganer ihren Eisenstatus mit vollwertigen Nahrungsmitteln wie Nüssen, Mandeln und Leinsamen optimieren. Mehr eisenreiche Inspirationen findest du übrigens in meinem Beitrag „Einfache Ernährungstipps gegen Eisenmangel“.

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