Gesund leben

Sich gesund essen? Was wir vom Müsli-Erfinder lernen können

Von den einen verehrt, von den anderen als „unwissenschaftlich“ abgetan. Der Schweizer Arzt Max Bircher-Benner ist nicht nur Namenspatron des Bircher-Müslis. Er hat außerdem viele aussichtslose Fälle geheilt – und uns wertvolle Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Ernährung hinterlassen.

Man kann kaum an Supermarktregalen mit Frühstücksprodukten vorbeigehen, ohne seinen Namen zu lesen. Und doch weiß der durchschnittliche Einkäufer wohl kaum etwas über den Mann, auf den sich eines der populärsten Frühstücksgerichte gründet: das Müsli.

Schade eigentlich. Denn wer sich mit dem Schweizer Arzt Max Bircher-Benner auseinandersetzt, lernt nicht nur etwas über die Geschichte des Müslis. Er bekommt auch einen frischen Blick darauf, wie Gesundheit und Ernährung zusammenhängen – und wie man mit Krankheiten sinnvoll umgeht.

Wer war Max Bircher-Benner? Die Kurzfassung

Max Bircher-Benner war ein Schweizer Arzt, der 1891 seine erste Praxis in Zürich eröffnete. Von den Behandlungsmethoden seiner Zeit war er schnell enttäuscht. Er hatte das Gefühl, den Menschen lediglich Medikamente gegen Symptome zu verschreiben, aber nicht die Ursachen der Krankheiten zu bekämpfen. Also suchte er nach Alternativen Behandlungsarten.

Wo Therapiemethoden der Schulmedizin versagt haben, erzielte er erstaunliche Erfolge mit Rohkost-Diät und ganzheitlicher Behandlung. Seine Erfolge zogen Patienten aus ganz Europa an, darunter auch die Schriftsteller Thomas Mann und Rainer-Maria Rilke. Von vielen Kollegen wurde er hingegen als unwissenschaftlich abgetan.

Was von Bircher-Benner geblieben ist

Die von ihm in Zürich gegründete Klinik gibt es noch heute und sie folgt weiterhin dem Ansatz einer ganzheitlichen Heilkunde. Bekannter als die Klinik ist aber eine andere Hinterlassenschaft von Bircher-Benner: das Müsli.

Nach eigenen Angaben hat Bircher-Benner „d’Spys“ – wie er seine Urform des Müslis auf Schweizerdeutsch nannte – von Bergbauern abgeschaut. Sie bestand aus

  • eingeweichten Haferflocken,

  • geriebenen Äpfeln (inklusive Schale und Kerngehäuse),

  • Nüssen,

  • Zitronensaft

  • und Kondensmilch (Frischmilch barg zu jener Zeit hohes Tuberkuloserisiko).

Diese Mischung verstand Bircher-Benner übrigens nicht als Frühstück, wie wir es heute tun, sondern als vollwertige Mahlzeit, die er seinen Patienten verordnete. Bald war es als Birchermüsli bekannt, später wurde es nur noch Müsli genannt – die schweizerdeutsche Verniedlichungsform des Wortes „Mus“.

Mit der Zeit verbreitete sich das Gericht zuerst in der Schweiz und schließlich in ganz Europa. Was vermutlich auch daran lag, dass die Zutaten günstig zu beschaffen waren. In den 1940er Jahren begann die industrielle Fertigung.

Viele der heute verfügbaren Müslimischungen, haben mit der ursprünglichen Variante nicht mehr viel gemeinsam. Wegen des geringen Preises und der starken Süße besteht der Fruchtanteil bei den meisten Müslis überwiegend aus Rosinen. Und auch die gesundheitliche Wirkung vieler Müsli-Produkte darf bezweifelt werden, wenn man ihren Zuckergehalt betrachtet. (Mehr zum Thema Zucker, findest du in unserer Serie "Ungesüßt")

Doch der Schweizer Arzt hat nicht nur einem unglaublich populären Frühstücksgericht den Weg geebnet. Er hat außerdem spannende Gedanken zum Verständnis von Krankheit und dem Wechselspiel von Gesundheit und Ernährung hinterlassen.

Wir möchten euch vier davon vorstellen, die eine zeitlose Aktualität haben.

4 Dinge, die wir von Max Bircher-Benner über Gesundheit lernen können

1. Vorbeugen ist besser als heilen

Bircher-Benner verstand Gesundheit als etwas, um das man sich nicht erst kümmern sollte, wenn man es verloren hat. Anders gesagt: Vorbeugen ist besser als heilen. Dieses Konzept ist heute unter den Schlagworten Prävention und Vorsorge weit verbreitet.

In einem gesunden Organismus muss ihm zufolge Ordnung herrschen - sowohl körperlich als auch geistig. Dazu zählen unter anderem regelmäßiger Schlaf, Bewegung an der frischen Luft und ausgeglichene Ernährung. Ein Mensch, in dessen Organismus Ordnung herrscht, sei gegen viele gesundheitliche Angriffe gefeit und verfüge über starke Selbstheilungskräfte.

Seine sogenannte Orndungstherapie war weniger eine Behandlung von Krankheiten, als eine Anleitung für ein gesundes, stabiles Leben.

Das Grundprinzip dieser Therapie lässt sich recht einfach zusammenfassen: Überflüssiges weglassen und Fehlendes ergänzen.

Auf unsere Ernährung bezogen, heißt das zum Beispiel: Überflüssigen Zucker weglassen und fehlende Vitamine ergänzen.

Dabei plädiert Bircher-Benner dafür, dass sich jeder selbst um seine Gesundheit kümmert und die Verantwortung nicht an andere abgibt, wie beispielsweise an Ärzte.

Selbstverantwortete Gesundheit lasse sich in zwei Schritten erreichen:

  • Falsches Verhalten erkennen

  • Falsches Verhalten ändern

2. Wer nur die Symptome behandelt, wird nicht gesund Bircher-Benner wollte Krankheiten an der Wurzel bekämpfen und er glaubte, dass Medikamente das oftmals verhinderten: „Medikamente haben im Allgemeinen wenig oder keine Beziehung zu den Krankheitsursachen. Sie wirken wie Peitschenhiebe oder lähmen die Abwehrbemühungen des kranken Organismus.“

Medikamente können das Gesund werden ihmzufolge auf zweierlei Arten behindern:

  • Indem sie den Blick auf die wahren Ursachen für eine Krankheit versperren. Beispiel: Verspannungen im Rücken führen zu Kopfschmerzen. Schmerzmittel lindern die Schmerzen. Das Problem scheint für uns gelöst, weil der Schmerz verschwunden ist. Allerdings wird er wiederkommen, weil die eigentliche Ursache (der verspannte Rücken) nicht behandelt wurde.

  • Indem sie verhindern, dass der Körper selbst gegen die Krankheit ankämpfen muss und so ein starkes Immunsystem entwickelt.

Mit dem Prinzip der Ordnungstherapie im Hinterkopf, könnte man schließen: Medikamente können verhindern, dass wir das schädliche Verhalten erkennen, dass zur Krankheit führt. Dadurch können wir unser Verhalten nicht entsprechend anpassen, um wieder gesund zu werden.

Im Beispiel des verspannten Rückens würde die Verhaltensanpassung bedeuten, dass wir unsere Sitzhaltung anpassen und mit regelmäßigen Rückenübungen beginnen - anstatt lediglich Medikamente gegen die Schmerzen zu nehmen.

3. Ernährung ist die Grundlage der Gesundheit

Ernährung spielte in Bircher-Benners Therapien eine zentrale Rolle. Sie war für ihn die Grundlage jeder Behandlung und er setzte dabei viel auf Rohkost.

Ob man seine Ernährung streng nach Bircher-Benner ausrichten muss, um gesund zu bleiben, darf bezweifelt werden.

Aber seine Grundannahme stimmt: Die Ernährung hat einen entscheidenden Anteil an der Gesundheit des Menschen. Es ist längst bewiesen, dass schlechte Ernährung die Ursache einer Unzahl von Krankheiten ist. So machen Forscher überhöhten Zuckerkonsum unter anderem für Herzkreislauferkrankungen verantwortlich. (Mehr dazu hier)

Außerdem holt sich der Körper die Bausteine für Wachstum und Reparatur seiner Zellen aus der Nahrung. Das heißt: Wenn wir wichtige Nährstoffe nicht in ausreichender Menge über die Nahrung aufnehmen, fehlt dem Körper das Baumaterial.

(Falls dich interessiert, wie der Körper Nährstoffe aufnimmt, findest du es in unserem Artikel über Stoffwechsel erklärt.)

4. Kenne dein Essen

Bircher-Benner legte großen Wert darauf, dass die Ernährung des Menschen an die äußeren Umstände angepasst ist. Zum Beispiel an die Jahreszeiten. Kurz gesagt: Er machte sich für saisonale Ernährung stark.

Und dafür, dass der Mensch sich sein Essen möglichst selbst zubereitet.

Diese Prinzipien haben in den letzten Jahren einen großen Aufschwung erlebt. Die Beliebtheit regionaler (und damit saisonaler) Lebesnmittel ist stark gestiegen und immer mehr Menschen begeistern sich fürs Kochen, wie nicht nur unzählige Kochsendungen belegen. Diese Entwicklung kann kaum verwundern, gehen damit doch zwei große Vorteile einher:

  • Ökologisch: Wir verbessern den ökologischen Fußabdruck, wenn wir Dinge essen, die keine allzu langen Reisen unternehmen mussten, um zu uns zu gelangen.

  • Überblick: Angesichts vieler Zusatzstoffe wird es immer schwieriger, einen Überblick darüber zu behalten, was man zu sich nimmt. Wer sein essen selbst zubereitet, der setzt sich automatisch damit auseinander und kontrolliert außerdem, was auf seinem Teller landet.

Wir hoffen, dieser kleine Exkurs zu einem Schweizer Arzt der vor über 75 Jahren gestorben ist, hat euch Spaß gemacht. Und nicht nur gezeigt, wer das Müsli bekannt gemacht hat, sondern auch die ein oder andere Erkenntnis gebracht, die ihr im Alltag nutzen könnt.

Wenn ihr euch etwas näher mit Max Bircher-Benner auseinandersetzen möchtet, kann ich euch das Buch Vom Werden des neuen Arztes empfehlen. Darin beschreibt er seine Ansichten und seine Biographie sehr spannend.

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