Quinoa, Amaranth, Chia und Buchweizen – das sind die wichtigsten Pseudogetreide. Der Name ist allerdings verwirrend: Ist das denn jetzt Getreide oder nicht?
Was ist eigentlich Pseudogetreide?
Für den Botaniker ist das ganz einfach: Echtes Getreide wie Weizen oder Roggen zählt zu den Süßgräsern, Pseudogetreide dagegen nicht. Quinoa und Amaranth zum Beispiel sind Fuchsschwanzgewächse. Wenn es also nicht die Botanik ist, was haben die „Pseudos“ dann mit dem echten Getreide gemeinsam?
Die Antwort darauf gibt’s in der Küche: Wir backen Brot mit Buchweizen oder streuen Chiasamen ins Müsli, das gleiche machen wir auch mit Weizenmehl oder Haferflocken. Die Verwendung ist also ganz ähnlich wie die von klassischem Getreide, die Botanik dagegen nicht, daher: Pseudogetreide.
Lesetipp: Details zu den Pseudogetreidesorten findest in den Artikeln Amarant: Das Korn der Unsterblichkeit? und Quinoa – was du über „das Gold der Inkas“ wissen musst
Pseudogetreide: Mit komplexen Kohlenhydraten gegen Bluthochdruck
Chiasamen oder Quinoa werden gerne als Superfood bezeichnet, weil sie besonders viele Nährstoffe enthalten. Was ist dran, welche Vorteile bieten Pseudogetreide?
Ob Weizen und Roggen oder Quinoa und Amaranth, alle haben eins gemeinsam: Sie sind hervorragende Lieferanten für Kohlenhydrate. Im Pseudogetreide stecken allerdings mehr komplexe Kohlenhydrate, die der Körper langsamer aufspaltet und die daher länger sättigen. Dieser gemächliche Prozess lässt den Blutzuckerspiegel nur moderat ansteigen, Pseudogetreide ist daher eine gute Ergänzung für die Speisepläne von Menschen mit hohem Blutdruck. Das lange Sättigungsgefühl ist außerdem ein Grund, warum zum Beispiel Quinoa häufig zum Abnehmen empfohlen wird.
Der wichtigste Unterschied zeigt sich bei den Eiweißen: Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel enthalten das inzwischen sehr bekannte, für Getreide typische Eiweiß Gluten. Es ist dafür verantwortlich, dass Brotteig so schön klebt und gibt dem Gebäck eine stabile Struktur.
Bei Zöliakie: Pseudogetreide ist glutenfrei
Pseudogetreide ist glutenfrei. Das ist vor allem für das eine Prozent der Bevölkerung wichtig, die an Zöliakie leidet: Gluten löst bei dieser chronischen Krankheit starke Darmbeschwerden aus und muss deshalb lebenslang gemieden werden. Für alle Betroffenen ist Pseudogetreide eine gute Alternative zu Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste.
Daneben gibt es noch eine Reihe leichter Schwierigkeiten mit Gluten, etwa Weizensensibilität oder eine Unverträglichkeit. Wie viele Menschen darunter leiden ist unklar, die Forschung dazu läuft. Bei einem Verdacht darauf ist ein Besuch beim Arzt unerlässlich. Vermutlich ist Weizen allerdings für etwa 90 % der Menschen unbedenklich.
Pseudogetreide enthält zwar kein Gluten, dafür aber zahlreiche andere Eiweiße. Sie sind daher für Veganer und Vegetarier eine super pflanzliche Proteinquelle. In Amaranth und Quinoa zum Beispiel kommen die essentiellen Aminosäuren Lysin und Methionin deutlich häufiger vor, als in Weizen. Der menschliche Körper kann diese nicht selbst herstellen und muss sie daher mit der Nahrung aufnehmen.
Zudem bieten die kleinen Körner jede Menge Mineralstoffe, in ihnen steckt meist mehr Eisen, Magnesium, Kalium und Calcium als in Weizen. Quinoa und Amaranth schneiden dabei besonders gut ab.
Die Pseudogetreide enthalten auch mehr Fett als Weizen, Roggen und Co. Allerdings sind das „gute“ Fette, also gesundheitsfördernde, mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Was Fett betrifft, sind Chiasamen die unbestrittenen Spitzenreiter: Eine Portion mit 30 g decken etwa 15 % des Tagesbedarfs.
Unerwünschte Stoffe: Saponine und Gerbstoffe
Im Kontext von Pseudogetreide wird oft vor Saponinen und Gerbstoffen gewarnt, die sich in deren Schale verbergen. Tatsächlich sind sie gesundheitlich bedenklich und sollten gemieden werden. Allerdings muss man deswegen nicht auf Pseudogetreide verzichten. Es reicht, zwei einfache Regeln zu beachten:
Pseudogetreide nur geschält verwenden.
Pseudogetreide immer ausreichend erhitzen.
Denn sowohl Saponine, die in Quinoa vorkommen und im Verdacht stehen, die Darmschleimhaut zu reizen, als auch die Gerbstoffe in Amaranth lassen sich so unschädlich machen, urteilt das Bundeszentrum für Ernährung. Beide Pseudogetreide werden ohnehin meist geschält verkauft. In neueren Quinoa-Sorten wurde der Anteil an Saponinen zudem verringert.
Die Verwendung von Pseudogetreide als Kindernahrung wird trotzdem kontrovers diskutiert und beispielsweise von der Deutsche Gesellschaft für Ernährung nicht empfohlen.
Pseudogetreide: Sortenkunde und Lagertipps
Die leckeren kleinen Körner gibt’s inzwischen an vielen Orten zu kaufen: Im Bioladen, in gut sortierten Supermärkten und in Drogerien. Beim Einkauf lohnt es sich ein bisschen mehr auszugeben und auf Bioware zu achten, sie enthält weniger Schadstoffe und ist gut für die Umwelt.
Im Handel gibt’s unterschiedliche Sorten, Farben und Formen: Mehl oder Schrot zum Backen, Flocken fürs Müsli und ganze Körner als Beilage. Für alle Varianten gilt: Am besten dunkel, kühl und luftdicht lagern – so kannst du dich noch lange daran freuen.
Herkunft und ökologische Bilanz
Quinoa, Amaranth und Chiasamen legen meist ziemlich weite Wege zurück, bis sie bei uns auf dem Teller landen. Die Pflanzen kommen aus Mittel- und Südamerika, wo auch heute noch ihre Hauptanbaugebiete sind. Buchweizen dagegen wächst vor allem in Russland und China.
Den Transport solltest du bedenken, bevor du zum Pseudogetreide greifst – in diesem Punkt sind Weizen oder Roggen aus regionalem Anbau eindeutig überlegen. Das spiegelt sich übrigens auch im Preis wieder, der ist für die Exoten deutlich höher.
Kochen mit Pseudogetreide: vielfältig und lecker
Was zauberst du nun aus den bunten, exotischen Samen? Sie sind so vielseitig, dass dir alle Türen offen stehen. Ob gekocht, gepufft oder als Flocken – Pseudogetreide passt zu fast allem.
Wenn du es dir besonders einfach machen willst, dann koche einfach eins deiner Lieblingsgerichte und ersetze die Nudeln, den Bulgur oder einen Teil Mehl durch zum Beispiel Quinoa, Amaranth oder Buchweizenmehl. Das verleiht deinem Gericht einen extra-würzigen Geschmack und bringt Abwechslung auf den Teller.
Wie wäre es zum Beispiel mit Chia im Müsli statt immer nur Haferflocken oder einem Quinoa-Salat anstelle der Nudeln? Das geht auch beim Backen: Einfach mal einen Teil Weizenmehl durch Buchweizen oder Amaranth ersetzen, das gibt dem Pfannkuchen gleich eine ganz neue, nussige Geschmacksnote.
Eine willkommene Abwechslung zum herkömmlichen Müsli ist unser Cocos-Mango Chiapuddung. Foto: Franziska von Have a Try
Soll es vor allem schnell gehen? Dann koche die Samen einfach mit der doppelten Menge Wasser auf, schnippel dein Lieblingsgemüse – oder was eben gerade im Kühlschrank ist – und kreiere deinen eigenen Superfood-Salat.
Immer nur Salat wird natürlich schnell langweilig. Willst du lieber was Deftigeres? Dann empfehle ich dir einen leckeren Auflauf, ein Risotto oder eine Suppe. Du kannst auch verschiedene Pseudogetreide mischen, Quinoa und Buchweizen haben zum Beispiel eine ähnliche Garzeit.
Tausch doch mal den Reis aus und probiere Buchweizen – dieses Buchweizen-Risotto verspricht kernig-aromatischen Genuss. Foto: Anke Schütz
Auch lecker: Die Samen erst keimen lassen. Das gibt ihnen einen besonderen Geschmack, zum Beispiel in diesem leckeren Rezept: Chiasamen-Chili mit Buchweizen
Für Naschkatzen ist natürlich auch was dabei: Gepoppter Amaranth und Quinoa macht sich super im Müsli oder Dessert. Du kannst die Körner entweder gepoppt kaufen oder sie selbst in einem heißen Topf dazu bringen, so wie klassisches Popcorn aus Maiskörnern. Danach gibt’s kein Halten mehr für süße Leckereien.
Ein bisschen was Süßes geht doch immer, oder? Probiere diese Amaranth-Schoko-Bars. Foto: SevenCooks
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Titelbild: padrian (Pixabay)