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Wer sich mit Kochen beschäftigt, der stößt früher oder später auf das Thema Molekularküche. Ein Trend, dem ich bislang skeptisch entgegenstand. Denn ich bin ein leidenschaftlicher Hobbykoch, der gerne Neues ausprobiert und für vieles offen ist. Was ich aber nicht machen würde ist, einen Schaum herzustellen, der wie ein Apfel riecht und schmeckt, aber nichts mehr mit dem eigentlichen Produkt zu tun hat.
Doch je mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, desto mehr erkenne ich, dass die Molekularküche viel mehr ist, als nur mit Pipette und Pulvern zu hantieren, sondern das Molekularküche bedeutet, die Grenzen der Küche neu zu definieren. Damit auch du dir dein eigenes Bild machen kannst und weißt, ob die Molekularküche etwas für dich ist, zeige ich dir, wie du sie zuhause ausprobieren kannst.
Der Ursprung der Molekularküche
Auch wenn der Kochtrend Molekularküche erst in den vergangenen Jahren so richtig aufgekommen ist, ist die Molekularküche schon so alt, wie das Kochen selbst. Du fragst dich warum? Ganz einfach: Hinter dem Wort Molekularküche verbirgt sich nichts anderes, als den physikalischen Aufbau der Lebensmittel zu verändern und diese in ganz andere Strukturen zu verwandeln. Ein Beispiel aus dem Alltag ist etwa die Sahne, die durch Schlagen ihre Konsistenz von flüssig zu fest verändert.
Die moderne Molekularküche
Du siehst, die Molekularküche ist gar nicht so eine neue Erfindung. Doch was hat sich nun verändert, dass es plötzlich zu diesem Trend gekommen ist? Seit den 1980er-Jahren haben Wissenschaftler Lebensmittel für sich entdecket und gingen der Frage nach: Weshalb verändern sich Lebensmittel unter bestimmter Wärmeeinwirkung oder mechanischen Einflüssen? Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Biochemie, Physik und Chemie machen sich nun Köche, egal ob Profi- oder Hobbykoch, zu Nutzen und entwickeln so immer neue Kreationen.
Ein Vorreiter auf dem Gebiet ist der spanische 3-Sterne-Koch Ferran Adrià. Der „Picasso der Köche“ begann schon vor 20 Jahren mit Lebensmitteln zu experimentieren und erstellte so ganz spezielle Kreationen. 1846 verschiedene Gerichte hat er in dieser Zeit entwickelt (nach seiner eigenen Auskunft), von denen seine Gäste 35 während eines Menüs serviert bekommen. Das besondere an seinem Restaurant ist, dass er weder Kellen noch Backöfen für seine Gerichte braucht, sondern Pipetten und Flüssigstickstoff. Etwas, das für mich nichts mehr mit Kochen zu tun hat, aber dennoch, das erste Restaurant von Adrià „El Bulli“, wurde fünfmal zum besten Lokal der Welt gekürt.
Molekularküche: Die Grundtechniken
Bei der Molekularküche gibt es viele verschiedene Techniken. In den folgenden Abschnitten will ich dir die Wichtigsten davon zeigen, die du auch ohne Probleme zuhause selbst ausprobieren kannst:
Molekularküche: Wie du aus Flüssigkeiten einen Schaum herstellst
Eine der gängigsten Methoden bei der Molekularküche ist das Verwandeln von Flüssigkeiten in Schaum – oder in der Molekularküche „Espuma“ genannt. Espumas können aus Pürees, Cremes, aus Säften und sogar aus Suppen oder Saucen zubereitet werden. Falls du jetzt denkst, dass du viel Wissen und teure Apparaturen dafür brauchst, dann täuschst du dich. Alles was du dafür brauchst, ist im Prinzip Lecithin – und das bekommst du in den meisten Reformhäusern.
Lecithin ist ein einfacher Emulgator, der das Vermischen von zwei Flüssigkeiten (Wasser und Öl) ermöglicht – wie etwa bei einer Mayonnaise. Wird Lecithin aber aufgeschäumt oder unter Druck gesetzt, dann entstehen Schäume, die an den Schaum aus der Badewanne erinnern. Wenn das Gemisch äußerst luftig aufgeschlagen ist, wird es nicht mehr als Espuma, sondern Air bezeichnet, also essbare Luft und diese kann je nach Belieben nach Olivenöl, Kürbiscremesuppe oder Apfelsaft schmecken.
Doch wie funktioniert das genau? Gebe dafür 2 Gramm Lecithin in 400 ml Flüssigkeit. Achtung, die Flüssigkeit darf nicht wärmer als Zimmertemperatur sein. Anschließend kannst du die Flüssigkeit mit einem Stabmixer so lange pürieren, bis der Schaum die gewünschte Konsistenz hat. Alternativ kannst du beides auch in eine Sahnesprühflasche füllen und den Schaum einfach auf Knopfdruck herstellen.
Molekularküche: So stellst du Gele her
Die sogenannte Gelifikation bedeutet, Flüssigkeiten in eine feste Form zu bringen. Das ist im Prinzip nichts Neues – jeder, der schon einmal Wackelpudding hergestellt hat, der hat mit Hilfe von Gelantine eine Flüssigkeit so eingedickt, dass sie zu einer festen, glibberigen Masse wurde.
Mit Hilfe von Agar-Agar oder Xanthan lässt sich in der Molekularküche aber nicht nur Wackelpudding herstellen. Wie wäre es etwa mit kleinen Kügelchen – in der Molekularküche Sphären genannt – aus Säften oder Suppen?
Alles, was du dafür machen musst, ist, 2 Gramm Agar-Agar in 170 ml Flüssigkeit aufzulösen und alles zusammen einmal aufkochen zu lassen. Anschließend kannst du dein Gemisch in jede erdenkliche Form füllen und auskühlen lassen. Solltest du Sphären machen wollen, dann tropfe das Gemisch mit einer Pipette in ein kaltes Pflanzenöl. Die Kügelchen erstarren sofort. Damit deine Sphären nicht nach Öl schmecken, kannst du sie vor dem Verzehr mit Wasser abspülen. Dabei musst du keine Angst vor der Temperatur haben, denn erst ab 80 Grad löst sich die Bindung wieder auf – so können die Kügelchen etwa auch warm serviert werden.
Molekularküche: So stellst du Kügelchen mit flüssigem Kern her
In der Molekularküche gibt es aber nicht nur die Gelifikation, wie ich sie im vorherigen Abschnitt erklärt habe, sondern auch eine Sphärenbildung. Der Unterschied zwischen beiden Varianten ist, dass bei der Gelifikation die Kügelchen komplett erstarren und sich bei der Sphärenbildung nur eine feste Außenschicht bildet – wobei der Kern flüssig bleibt. So kannst du spielend leicht Kügelchen herstellen, die beim Draufbeißen im Mund zerplatzen. Ein einfacher Trick, der aber bei deinen Gästen eine große Wirkung zeigen wird.
Wie funktioniert das? Dafür brauchst du ein wenig Übung und ein gutes Zeitgefühl. Nach ein paar Testläufen, solltest du es aber hinbekommen. Für die Sphärenbildung vermischst du deine Flüssigkeit mit Natriumalginat – dafür verwendest du ein Mischungsverhältnis von 2 Gramm Natriumalginat zu 450 ml Flüssigkeit. Anschließend tropfst du deine Mischung mit einer Pipette in ein stark kalziumhaltiges Bad. Das bekommst du, wenn du etwas Kalziumlaktat in Wasser auflöst.
Sobald deine Kügelchen in das Bad fallen, fangen sie an, starr zu werden. Je länger du deine Kügelchen in diesem Bad lässt, desto weiter schreitet dieser Prozess voran, bis das Kügelchen vollständig geliert ist. Mit der Zeit findest du heraus, wie viele Sekunden du deine Kügelchen im Wasser lassen musst, damit sie eine ideale Hülle besitzen. Am Ende musst du deine Kügelchen noch mit kaltem Wasser abspülen und kannst sie für deine Kreationen verwenden.
Molekularküche: Mein Fazit
Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigt habe, desto spannender wurde es für mich. Daher kann ich die Faszination, die die Molekularküche ausübt komplett verstehen, jedoch würde ich nicht soweit gehen, ein ganzes Gericht komplett auf der Molekularküche aufzubauen. Was ich aber schon gemacht habe, ist veganes Kaviar aus Apfelsaft herzustellen, das perfekt zu Suppen passt.
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Titelbild: lounisais (pixabay)