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Wir testen: Gemüseanbau mit Hydrokultur - das Anzüchten

Langsam wird es ernst – das erste Mal richtig „gärtnern“ in meinem Selbstversuch steht an. Doch wieso, weshalb und warum müssen eigentlich aus den Samen zuerst Setzlinge gezogen werden? Und noch viel wichtiger, wie geht das überhaupt?

Was dich in diesem Text erwartet:

  • Theorie: Warum ist das Anzüchten wichtig?

  • Praxis: Wie züchtet man mit dem Växar-System Setzlinge?

  • Zeitlicher Überblick: Wie lange dauert es?

  • Checkliste: Was du alles brauchst

Ich habe mich dazu entschlossen, einen Selbstversuch zu starten. In unserem Büro probiere ich, Gemüse und Salat mit einem Hydrokultur-Set anzubauen. Ganz ohne Garten, Balkon und vor allem grünen Daumen!

Der Anbau mit solch einem System soll angeblich ganz einfach und problemlos funktionieren, auch bei blutigen Anfängern wie mir! Ob das tatsächlich so reibungslos klappt und welche Erfahrungen ich während meines Anbauversuchs sammle, fasse ich euch in insgesamt vier Artikeln zusammen.

So kannst du mitverfolgen, welche (Miss-)Erfolge zu verzeichnen sind und erhältst alle nötigen Infos, die du brauchst, falls du selbst mit dem Gärtnern anfangen möchtest. Inklusive kleiner Checkliste am Ende, welche Materialien du für den jeweiligen Schritt benötigst.

Alles zu den Vorbereitungen und den Bestandteilen des Anbausystems, für das ich mich entschieden habe, findest du im ersten Artikel meiner Hydrokulturserie. In diesem Text, also Artikel Nummer zwei von vier, wird es jetzt ernst – das Anzüchten der Setzlinge steht an!

(Falls du dir lieber ein Video ansiehst, findest du die Anzucht mit dem Hydrokultursystem Växer auch auf Youtube)

Theorie: Wie aus dem Samen ein Setzling wird

Das Anzüchten der Setzlinge heißt für mich: Das erste Mal richtig „gärtnern“ bei meinem Hydrokulturprojekt. Für mich eine Herausforderung, denn dafür habe ich überhaupt kein Talent …

Aber was heißt „anzüchten“ überhaupt? Ganz einfach: Ich bringe die Samen in einer speziellen Umgebung (Wurzelkissen) zum keimen, bis aus ihnen sogenannte Setzlinge geworden sind, die wie eine Miniaturausgabe der späteren Pflanze aussehen. Die pflanze ich erneut um und zwar in die Umgebung, in der sie letztendlich bis zur Ernte bleiben (Bimssteingranulat).

Ich, als doch eher ungeduldige Person, habe mich da natürlich gefragt: Weshalb die Samen nicht gleich da einpflanzen, wo am Ende auch die fertige Pflanze stehen soll? In meinem Fall also in den Körbchen mit Bimssteingranulat.

Doch dieser vorbereitende Schritt hat einen guten Grund, nämlich Wurzelwachstum: Nur in nährstoffarmer Umgebung bilden die Pflanzen kräftige Wurzeln aus, weil sie damit nach Nährstoffen „suchen“. Deshalb müssen sie zunächst in Wurzelkissen gepflanzt werden und nicht gleich ins Bimssteingranulat.

Was das Thema Schädlinge und Keime angeht, bieten diese besonderen Materialien zudem Vorteile:

Sie sind keimfrei, so können sich keine Bakterien bilden, die die Pflanzen angreifen. Auch Schädlinge, deren natürlicher Lebensraum Erde ist (beispielsweise Würmer oder Schnecken) haben so keine Chance, an die Pflanzen zu gelangen.

Stellt sich mir noch die Frage: Wie schaffen es die Setzlinge überhaupt so lange ohne Nährstoffe von außen zu überleben?

Ganz einfach: Sie greifen auf einen Nährstoffspeicher im Samen zurück. Dieser hilft ihnen, die Anzuchtphase gut zu überstehen. Dennoch kommt es vor, dass aus einem Samen kein Setzling treibt. Das kann daran liegen, dass der Samen schon zu alt ist, oder die Rahmenbedingungen nicht passend sind. Dazu zählen stark schwankende Temperaturen, zu wenig Wasser oder auch Zugluft, die den zarten Pflänzchen zusetzt.

Funktioniert das Anzüchten hingegen ohne Probleme, haben die Setzlinge starke Wurzeln, die ihnen das anschließende Wachstum erleichtern. Je länger die ersten Wurzeln, desto mehr Halt haben die Pflänzchen und desto mehr Nährstoffe können sie aufnehmen.

Wenn also neue Pflanzen aus Samen gezüchtet werden sollen, ist eine Anzuchtphase zumindest bei einem Hydrokultursystem – unumgänglich. Ausnahmen sind Pflanzen, die aus Gemüseresten oder schon gewachsenen Setzlingen angebaut werden. Solche Setzlinge sind auch als Ableger bekannt und werden von manchen Pflanzenarten automatisch gebildet. Genauso wie ganz normale Blätter oder Blüten wachsen, wachsen hier solche Ableger. Das zu erklären, würde an dieser Stelle aber zu weit führen, also zurück zum eigentlichen Thema.

Bleibt noch die Fragen, in welchem Material Setzlinge angezüchtet werden können? Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: Anzuchterde, Blähton und Kokoshumus sind die drei bekanntesten, in meinem Fall habe ich Wurzelkissen aus Steinwolle benutzt.

Einfach deshalb, weil sie zu meinem Anbau-Set gehören – über den ökologischen Fußabdruck des Materials lässt sich leider streiten. Ihre Herstellung ist sehr energieintensiv und die Kissen sind nicht kompostierbar. Anzuchterde oder auch Kokoshumus sind hingegen voll biologisch abbaubar.

Praxisbericht: So werden Setzlinge in Hydrokultursystemen angezüchtet

So, genug Theorie, jetzt geht’s ans Eingemachte!

Abgesehen von diesen Wurzelkissen (oder eurem abweichenden Anzuchtmaterial) werden – logisch – noch die gewünschten Samen, ein Schaschlikspieß und ein kleiner Teller, sowie Leitungswasser zum Anzüchten benötigt.

Als Erstes muss in die Anzuchtschale Wasser gegossen werden. Die Wurzelkissen müssen ebenfalls gleich mit in die Schale, damit sie im Wasser ein paar Minuten einweichen können. So sind sie nass und vor allem weich genug, um anschließend die Samen mit Hilfe des Schaschlikspießes hineinzustecken.

Während die Kissen einweichen, kannst du schon einmal ein paar Samen einer Sorte auf einem kleinen Teller verteilen und den Schaschlikspieß bereit stellen.

Worauf du unbedingt achten musst, ist, ob die Samen vorab eingeweicht werden müssen. Diese Information findest du auf der Verpackung. Manche Samen haben nämlich eine sehr dicke Schale und durch das Aufweichen wird das Austreiben für die Pflanze wesentlich einfacher.

Jetzt kommt der nächste Schritt: das tatsächliche Einsetzen der Samen in die Kissen.

Das heißt: Du nimmst ein eingeweichtes Kissen aus der Anzuchtschale und stichst mit dem Schaschlikspieß ein Loch in seine konkave Seite. Hierbei darauf achten, dass du nicht komplett durch das Kissen stichst, sondern nur bis zur Mitte! Sonst kann der Samen, der anschließend in dieses vorbereitete Loch gesetzt wird, unten rausfallen.

Zum Einsetzen der Samen musst du dann die Spießspitze etwas anfeuchten, so bleiben immer 2 bis 3 Samen vom Teller am Spieß kleben und können ganz einfach in das vorbereitete Loch im Wurzelkissen gesteckt werden.

Grundsätzlich sollten pro Kissen circa 2 bis 3 Samen eingesetzt werden. Das erhöht die Chancen, dass auf jeden Fall ein Setzling wächst.

Sobald die Samen in den Kissen sind, müssen diese – zumindest bei meinem Anbauset – in den Einsatz der Anzuchtschale gesetzt werden. Deckel noch drauf und dann heißt es abwarten und Tee trinken!

Zeitlicher Überblick

Bis ein Setzling gewachsen ist, kann es 5 bis 7 Tage dauern. Die Setzlinge sind zum Umpflanzen bereit, wenn sie schon 2 bis 4 Blätter ausgebildet haben. Im Zweifel lass sie aber lieber noch ein, zwei Tage länger treiben. Werden die Setzlinge zu früh umgepflanzt, kann es sein, dass sie noch zu schwach sind, um weiter zu wachsen!

Das Aufweichen der Wurzelkissen und Einsetzen der Samen ist bei mir total fix gegangen – es hat alles ohne Hindernisse geklappt, also dieser Schritt hat die Adjektive unkompliziert und schnell schon einmal verdient! Selbst davon überzeugen könnt ihr euch auch gerne wieder in meinem Youtube-Video.

In konkreten Zeitangaben heißt das alles zusammenaddiert 10 Minuten. Hilfe habe ich keine benötigt. Ich empfehle jedoch auf jeden Fall, vorab kleine Zettelchen mit den Samensorten zu beschriften, die man zu den jeweiligen Reihen legen kann. So weißt du auch nach ein paar Tagen noch, welche Setzlinge zu welcher Sorte gehören.

Angenehmer Nebeneffekt des Anzüchtens mit den Wurzelkissen: Es entsteht überhaupt kein Dreck im Gegensatz zum Rumwerkeln mit Erde!

Achja, eins noch:

Ich habe zufällig ein Wurzelkissen zu viel in meiner Packung gehabt, das nicht mehr in die Anzuchtschale gepasst hat. Testweise habe ich das zwar ebenfalls mit Samen bestückt, dann aber ganz simpel in eine Espressotasse gesetzt – mal sehen, ob das auch austreibt.

Im nächsten Artikel werdet ihr dann erfahren, ob aus meinen eingesetzten Samen tatsächlich Triebe geworden sind, oder ob den ganzen Selbstversuch wortwörtlich schon im Keim erstickt habe! Ich jedenfalls bin schon gespannt, wie es mit meinem Baby „Hydrokultur“ weitergehen wird!

Checkliste für das Anzüchten von Setzlingen in Hydrokultur

  • Anzuchtmaterial, in meinem Fall Wurzelkissen

  • Gewünschten Samen, unter Umständen eingeweicht (Packungsangabe beachten)

  • Ein Schaschlikspieß

  • Einen kleinen Teller

  • Anzuchtschale mit Einsatz

  • Circa 4,7 l Leitungswasser, am besten lauwarm

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